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Gekommen um zu bleiben

Veröffentlicht am 20.12.2015

Wenn schon krank, dann dabei braun werden, oder? ;-)Wenn schon krank, dann dabei braun werden, oder? ;-)Wenn man irgendwo hingezogen ist, dauert es ein wenig, bis man sich eingelebt hat. Ich habe nun alles eigentlich erlebt: Nachbarn kennengelernt, auf einer Strandparty gewesen, fremde Menschen kennengelernt, Auto (mehr oder weniger erfolgreich) gewaschen - ach ja, und dann war ich dann auch beim Arzt. In einer kleinen Privatklinik. 

Knapp zwei Wochen bin ich nun unterwegs, wie schnell die Zeit vergeht. Bis Mitte Januar werde ich noch in Conil sein. Aber dass das so kommt, da war ich mir bis Ende der Woche überhaupt nicht sicher. Denn ich war kurz davor die Koffer zu packen.

Das hat aber nicht damit zu tun, dass ich plötzlich kein Internet mehr habe. Das ist ärgerlich, hindert mich daran, euch aktueller mit Infos zu versorgen, aber vor allem daran, vernünftig an meiner Studienarbeit weiterzuarbeiten. Fürs Handy hab ich nun das wiederholt zugesandte Angebot meines Mobilfunkbetreibers angenommen und ein Datenpaket erworben. 4,99 Euro für sieben Tage. Das ist okay, damit ich weiter in Verbindung bleiben kann mit der Außenwelt. Noch wichtiger als sonst wenn man sonst nur den Hund zum Reden hat. Heute kam die Rettung: der Informatiker-Sohn meiner Vermieterin, die sich wirklich gekümmert hat, dass es wieder läuft. Und es scheint endlich wieder zu laufen. Yeah!!!! ;-) 

Nein, nicht wegen des Internets fühlte ich mich nicht wohl: Die Gesundheit machte nicht mit. Wie in den letzten Wochen schon nicht. Nachdem ich ja bereits mal in der Notaufnahme des Klinikums Niederbergs landete mit Verdacht auf Lungenentzündung, anschließend zwei Wochen flach lag mit ner fetten Bronchitis und nur noch Antibiotika half, bin ich meine Reise nach Spanien ja schon eine Woche später angetreten als ich wollte. Immer noch nicht fit, aber ich dachte, das wird schon und irgendwann musste ja mal los. Auf der Fahrt hab ich dann mehrfach solche Hustenattacken bekommen dass ich kurz vor der Besinnungslosigkeit war. Joa, macht so ne Fahrt total sicher… Hier angekommen beruhigte es sich etwas, aber seit Mitte der Woche wurde es immer schlimmer. Ich war schlapp, ständig bei den kleinsten Anstrengungen diese Hustenattacken. Donnerstagnacht war es soweit: Ich packe morgen die Koffer. Das stand für mich fest. 

Doch dann fuhr ich wieder an den Strand und dachte mir: Ey, du hast jetzt so lange auf diese Zeit gewartet. Jetzt krieg mal keine Panik. Also hab ich meinen Hausarzt angerufen. Der hat mich dann gebeten, bitte sofort den nächsten Arzt hier zu konsultieren. Ach herr je, das hatte ich doch immer befürchtet, deswegen habe ich, weil ich mich ja kenne, ja auch noch eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Aber was mach ich? Wo geh ich hin? Was mach ich mit Ben? Plötzlich meine rettende Erinnerung: Hatte meine Gastschwester Pepi nicht gesagt, sie arbeitet hier in dem Centro de Salud, einer Art Minikrankenhaus? Also schnell ne whatsapp geschickt und tatsächlich: Ich soll sofort kommen, sie kann mich direkt zum Arzt reinlassen. Ben geschnappt, los gehts. Mitten auf der Straße geparkt, denn hier war Schatten und kühl genug für den Hund im Auto, trotzdem natürlich die Scheiben etwas runtergemacht. Er ist es ja zuhause auch gewöhnt, mal ne halbe Stunde zu warten, auch wenn er permanent dann bellt und meckert. „Davon wird er nicht sterben“, hatte meine Trainerin Nicole mich mal beruhigt und tatsächlich ist er es bis heute auch nicht. 

In dem Centro de Salud ist es der Hammer gewesen: Solch ein modernes Gesundheitssystem wünscht man sich doch zuhause. Spanien galt immer als Land, das meilenweit hinter dem deutschen Standart abfiel. Da hat sich in vielen Bereichen einiges getan die letzten Jahre: In der Umweltpolitik, dem Straßenbau, in der Bildung, aber eben auch in dieser Sparte. Da kommst du nun in dieses moderne Zentrum, eine Privatklinik. Ich habe sonst ja eher Panik vor Krankenhäusern etc weil ich in diesen oft alten, runtergekommenen Räumen überall Bazillen und den MSR-Virus fliegen sehe. Hier ist es modern, sauber, steril, liebevoll eingerichtet und es gibt Getränke. Auf dem Bildschirm im Wartezimmer steht, welcher Arzt da ist, welcher Patient, wer wann wo dran ist und wie lange es noch dauern wird. Ich warte gar nicht, ich komme direkt zum Arzt. Nicht nur dank Pepi, außer mir ist keiner da. 80 Euro wird mich die Behandlung kosten. Finde ich ok.

Das Pepi da ist und auf deutsch übersetzt hilft ungemein, aber mit meinem Spanischen hätte ich wenigstens sagen können, dass ich an meinem tos (husten) bald morir (sterben) werde. Der Arzt horcht mich ab, will meine Lunge röntgen. Nicht nötig, erkläre ich mit meinen Besuch im Krankenhaus vor 4 Wochen, wo sie schon geröntgt wurde. Ok. Ich soll inhalieren. Na toll, dem fällt wohl nix besseres ein, denke ich. Doch von wegen: Es ist der Hammer. Was auch immer ich da kriege (ich glaube eine Mischung aus Meersalz und Cortison) schlägt sofort an. Ich werde ruhiger. 

Am Ende krieg ich noch einen Brief mit, den ich mir in Deutschland auch wünschen würde. Da geht das meist so schnell mit der Diagnose, das man nur die Hälfte mitbekommt. Hier kann man wieder und wieder nachlesen, was los ist. Auf dem Zettel steht, mit welchen Symptomen ich gekommen bin. Im nächsten Punkt, was der Arzt untersucht hat und dabei festgestellt hat mit einer Diagnose. Weiter geht es dann mit einer Behandlung, die er vorschlägt: Was man nehmen kann, damit es besser wird, so im Allgemeinen, und was man machen oder meiden sollte (in meinem Fall Kälte und Feuchtigkeit, also leider kein Bad im Pool oder Meer mehr die nächsten Tage). Als letztes steht unten das Rezept und wie man die Medikamente nehmen soll.Das Behandlungsblatt finde ich wirklich spitze. Würde ich mir in Deutschland auch wünschen...Das Behandlungsblatt finde ich wirklich spitze. Würde ich mir in Deutschland auch wünschen...

Das erleichtert es, finde ich, nicht nur mir, sondern auch zukünftigen an der Behandlung beteiligten Personen. Wie der Apothekerin, die nun weiß, wieso ich was bekomme und die mir Tipps geben kann. Ein Anruf beim Arzt, wie ich das häufig zuhause erlebt habe, wieso er was verschrieben hat, ist dann nicht mehr nötig. Oder am nächsten Tag, als ich zum erneuten Inhalieren antreten will, reiche ich den Zettel dem neuen Arzt und der Dame am Empfang. Und nach einigem hin und her und tatsächlichen Verständigungsschwierigkeiten, die ich hier sonst nie habe, erklärt mir der Doc im gebrochenen Englisch nachdem er mich abhört, dass ich kein Inhalieren mehr brauche, die Medikamente bereits angeschlagen haben und kein whistle, also pfeiffen, mehr beim Atmen wie am Vortag zu hören ist.

Und so kriege ich leicht-Panikerin auch wieder die Sicherheit. Ich habe auch direkt nach dem Inhalieren gemerkt: Es geht bergauf. Endlich, nach vielen Tagen. Nachdem ich schon nach Hause zu meiner eigenen Beerdigung fahren wollte. Ich werd das hier schon in den Griff kriegen. Und seien wir mal ehrlich: Das wäre doch nicht ich gewesen, klein beizugeben und ab nach Hause zu fahren. Ne ne. Ich will es immer schaffen, was ich mir vornehme. Ich will hier noch viele Tage bleiben, nicht nur, weil es so wunderwunderschön ist. Die Zeit tut mir und meiner Seele gut. Ich komm irgendwann wieder, aber bitte nicht wegen Husten und Schnupfen. Sondern weil ich braun genug bin, den restlichen Winter zuhause zu überstehen, weil ich entspannt bin und mir über manche Dinge im Klaren bin und weil ich meine Studienarbeit fertig habe und endlich meine Herzensmenschen wiedersehen will. 

Bens Freundin Mora am Strand FontanillaBens Freundin Mora am Strand FontanillaUnd bis dahin mache ich das, was meine Eltern mir im Ausland beigebracht haben: Mich integrieren, mit Leuten leben, den Alltage erleben, bei Aldi nicht die deutsche, sondern die spanische Ware kaufen, auf den Markt gehen, frische Gambas und Langusten aus dem Meer essen, landestpyisch leben und mit möglichst vielen Spaniern in Kontakt kommen. Ben macht das genauso. Er integriert sich auch gut. Lernt jetzt auch spanische Hunde kennen, wie Mora. Er bellt nun auch wenn die anderen Hunde bellen und macht auch ein bißchen auf Campo-Wachhund. Ist auch ok. Läuft bei uns.