Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Wo bitte ist meine Sonnenmilch?

Veröffentlicht am 11.12.2015

Es hat sich gelohnt: Nach 2400 Kilometern durch Deutschland, Frankreich und Spanien sind wir Donnerstag am frühen Nachmittag endlich am Ziel angekommen. Am Strand ist Ben ausgerastet vor Freude.Ben schwebte vor Freude als wir am Playa de la Fontanilla ankamenBen schwebte vor Freude als wir am Playa de la Fontanilla ankamen

Die Socken und Schuhe aus und ab ins Meer. Davon habe ich jetzt monatelang geträumt. Der Himmel strahlt, die Sonne lacht, es ist angenehm warm. Doch einer freut sich tausend Mal mehr als ich über diesen Anblick und diesen Ort: Ben rennt und rennt und rennt, über den Strand, mit Karacho ins Meer. Er bellt vor Freude, er freut sich so sehr, dass wir beide fast im Sand landen. 

Ein wenig kalt ist es schon, aber einfach das tollste Gefühl der Welt...Ein wenig kalt ist es schon, aber einfach das tollste Gefühl der Welt...

Das ist aber nicht schlimm, denn auch der ist nach dem Fußbad wohltuend wärmend. Denn so schön das Meer auch ist: Mehr nackig als auf dem Bild wird es nicht geben. Das Baden im Meer bleibt dann doch eher etwas, was man hier nur im Sommer tun sollte. ;-) Oder mich zieht es in einen Neo und ich geh surfen. Was mit Ben allerdings schwierig wird. :-D

Aber der Reihe nach, ihr wollt es ja auch ganz genau wissen. Es freut mich übrigens sehr, dass ihr so fleißig lest und Nachfragen stellt. So fühlt man sich doch weniger allein. Obwohl ich ja mittlerweile, dank Agnes, Kathrin und Eva, meinen Uni-Mädels und Horizont-Erweiterfreundinnen, das Alleinreisen eine wirkliche Leidenschaft geworden ist. Früher dachte ich immer, sowas machen nur Leute, die keinen Partner oder keine Freunde haben. Trifft bei mir zum Glück nicht zu, und man glaubt gar nicht, wie viele Alleinreisende man trifft, wenn man nicht auf seine Mitreisenden fokussiert ist. Es ist so spannend, wen man alles kennenlernt. Doch dazu später mal mehr.

Los ging es Donnerstagnacht also um halb vier bereits. War auch nicht schwer, so früh aufzustehen und die für mich nicht wirklich reizvolle Gegend schnell zu verlassen. Ein bellender Hund im Nachbarzimmer hat mich nach einer Stunde hellwachsein auch dazu bewegt, mal an der Rezeption zu meckern. Scheint aber was gebracht zu haben: Für die Übernachtung mit Hund (8 Euro), den Meeresfrüchtesalat (14 Euro) und die Tortilla (8 Euro) habe ich beim Nachtpförtner dann ganze 16 Euro bezahlt... Gut, lassen wir mal so stehen. Schnell noch ne Kackarunde mit Ben gemacht durch den netten Garten, dann ging es wieder ans Scheiben kratzen. Einen Kaffee hab ich weit und breit nicht bekommen. Also Augen zu, ne, auf und auf geht die Fahrt.

Um 6 Uhr fallen sie mir aber so dermaßen zu, dass ich eine Tankstelle aufsuche und den wohl nettesten Tankwart on earth kennenlerne. Pablo, optischer Zwilling von Cesar Milan. Wir haben einen gemeinsamen Freund: Pep Guardiola. Er ist Barca-Fan, ich bekenne mich auch hier zum FC Bayern. Er füllt meinen Tank für 1,01 Euro, macht extra für mich den Servicio-Bereich auf (Klo) und packt mir eine Tasche für meine Weiterfahrt mit Sandwiches, Süßigkeiten und Wasser und präsentiert mir dann noch seine einzige heiße Kaffee-Variante: Es ist eine ganz normale Dose, doch wenn man hier drückt und da schüttelt wird der Kaffee heiß. Mega. Er macht mir gleich zwei fertig, damit ich bis zum Sonnenaufgang durchhalte. Pablo, te qiero!

Der Torro ist überall zu findenDer Torro ist überall zu findenNach dem zweiten, eher nicht so spannendem Fahrtag, scheint es heute also besser zu laufen. Und tatsächlich wird es netter. Es geht vorbei an einem Skigebiet, an einem Fluß, der auf deutsch übersetzt Strömung der menschlichen Körper heißt und das Erste, was meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen bei den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne entdecken: El Torro!!! Der berühmte spanische Stier, der von allen möglichen Bergen prangt. Der überall riesengroß steht, damit man auch weiß: Ich bin in Spanien. Ich freue mich. An der nächsten Raststätte gibt es nicht nur ein paar Kaffees, sondern bei der Runde mit Ben entdecken wir sie in echt: Idyllisch in den Bergen sind hier etliche spanische Stiere. Mein Herz geht auf, am Liebsten möchte ich sie knuddeln. Was ich wohl besser nicht mache, denn da ich ja auch vom Sternzeichen Stier bin weiß ich, mit uns ist nicht immer gut Kirschen essen. Wir können ultra lieb und zahm sein, aber wenn wir, warum auch immer, rot sehen, gnade uns Gott.

Und dann geht es weiter. Die letzten 500 Kilometer. Mit der neuen Coldplay-Platte im Auto, die ich gezwungenermaßen hören muss, da ich hier keinen Radioempfang habe und mein iPhone nichts anderes außer einer anderen Wiedergabeliste spielen will. Aber wie bei allen Coldplay-Alben auch hier wieder die Entdeckung bei Kilometer 300 to go: Hey, echt nett. Ich freue mich aufs Konzert, liebe Kirsten! ;-)

Je länger wir unterwegs sind, je näher wir unserem Ziel kommen, desto wärmer wird es. Einmal komme ich sogar richtig ins Schwitzen: Ich habe ja schon echte Höhenangst. Und dann fährst du nichts ahnend durch Sevilla und musst über die schlimmste, höchste und grauenvollste Brücke deines Lebens. Steil und unendlich weit geht es hoch und wieder runter und ich spüre schon die Panik in mir aufkommen. Einatmen, ausatmen, nicht nach links und rechts gucken. Ich fahre einen Meter hinter einem LKW hinterher und fokussiere mich nur auf seine Werbung. Nie wieder werde ich hier lang fahren, so viel ist sicher. 

Die Strecke war interessant, aber für mich steht auch fest: So wird es nicht zurück gehen. Es zieht sich doch sehr, die ganze Zeit durchs Niemandsland. Zurück werde ich mir ein, zwei, drei Tage mehr Zeit nehmen, denn das mit den Zwischenübernachtungen hat mit Ben ja prima geklappt, und die Autopista del Sur hochfahren. Entlang all der schönen Strandstädte, entlang der französischen Riviera. Es soll ein Abschied von der schönsten Gegend Europas sein, denn noch eins steht fest: Mit dem Auto werde ich nicht mehr hier runter fahren. Einmal wollte ich es machen, ich bereue es nicht, aber beim nächsten Mal gibt es nur Pauschalurlaub. ;-) Mit dem Flieger runter und dann ein Auto mieten, um die Gegend zu erkunden. Das würde ich jedem raten. Vor allem hier die Gegend, denn die ist ein Traum.

Aber ist es noch so schön, wie ich es in Erinnerung habe? Warum wollte ich noch mal hier hin? 200 Kilometer vor der Ankunft werde ich auf einmal unsicher: Was ist, wenn ich ankomme und denke, joa, Norderney wäre doch besser gewesen? Bestätigt werde ich von einer Bremse, die mich und Ben bei der letzten Rast auf dem Gewissen hat. Mama, ich will nach Hause, rufe ich in den Himmel. Was sie wohl von der ganzen Reise hält? Ich glaube, sie sitzt auf dem Beifahrersitz und sagt die ganze Zeit: "Du bist verrückt." Ja. Bin ja auch das Erzeugnis zweier verrückter Menschen. Die ich aber unglaublich liebe dafür. Papa, by the way: Ich höre die ganze Zeit Chris Reas On the beach. Stefan, Bruderherz, dieser Bibione-Soundtrack war ein Soundtrack fürs Leben. Auch dich hab ich natürlich lieb. Und nicht nur für den grandiosen Adventskalender, 

Und dann ist es wie bei Chris Rea: Ich lese das erste Mal das Schild Conil de la Frontera. Mein Herz explodiert. Und dann liegt es da so einfach vor mir. 2400 Kilometer nach meiner Abfahrt Dienstagmorgen. Mein Traum. Der Himmel strahlendblau, die Sonne lacht und da ist mein Meer und mein weißes Dorf. Ich schreie vor Glück, Ben kriegt einen Herzinfarkt im Kofferraum. So langsam hat er echt keinen Bock mehr und guckt mich von hinten aus an, ich glaube sogar, er hat ein Messer in der Pfote, mit dem er mich beim nächsten Halt zwingen wird, jetzt aufzuhören mit dem Autofahren. Deswegen mache ich auch keinen Abstecher ans Meer, sondern will direkt zu unserem Ferienhaus, unserer Casita in der Casa Montecote, einem alternativen Ferienpark im Ort La Muela der Stadt Vejer de la Frontera. Über diesen berichte ich noch einmal ausführlicher.

Der Ausblick nach Vejer von der Dachterrasse ausDer Ausblick nach Vejer von der Dachterrasse aus

Über spanische Buckelpiste angekommen weiß ich erst gar nicht ob ich den Weg mit meinem Volvo schaffe (eine Lobeshymne an den Schweden werde ich auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal schreiben). Doch es klappt. Es sieht alles toll aus, ich werde herzlich begrüßt von Rainer und Gisela, den Vermietern. Ben und der Haushund, die begrüßen sich nicht so freundlich und so landen beide erstmal wieder im Auto. Sicherheitsabstand wird es die nächsten Wochen in dieser Beziehung heißen. Ansonsten ist alles toll, aber wie gesagt, da werde ich noch einmal gesondert berichten. Rainer hilft mir netterweise beim Auspacken und dann geht es auch direkt weiter: Endlich nach Conil. 

Da Ben noch ein wenig Auslauf vorher braucht, fahre ich erstmal nach La Roche. Hier, oberhalb der Steilküste, ist es ein wenig grün. Und ich kenne ja meinen Hund: Der kackat eben nicht auf feinen Sand. Der Blick von hier ist genauso wunderschön wie ich ihn in Erinnerung habe, ich fühle mich sofort angekommen. Obwohl ich auf der Fahrt nicht schlecht staune: Das Conil, das ich vor 15,14 und 13 Jahren so gut kannte wie meine eigene Heimat, hat sich sowas von verändert. All die Straßen, die Häuser, Hotels und Anlagen gab es hier nicht. Auch keinen Aldi. Aber trotzdem, dass es um gute 50 Prozent erweitert wurde, sieht es nicht nach Massentourismus aus. Es gibt keine hohen Bauten, sondern alles ist in die Landschaft eingebettet. Doch was hier mittlerweile im Hochsommer los sein wird, lässt sich nur erahnen. Als ich das Haus meiner Gastfamilie suche, falle ich fahrend fast in Ohnmacht: Cille, was es hier mittlerweile alles für Boutiquen, Bars und Restaurants gibt! Da hätten wir es damals selten in unter einer Stunden zum Playa geschafft.Der Blick von El Roche aus nach Conil zum Playa de la FontanillaDer Blick von El Roche aus nach Conil zum Playa de la Fontanilla

Der Playa Fontanilla ist dann auch das Ziel meiner langen Reise: Der schönste Strand auf Erden hat mich wieder. Und nicht nur ich hüpfe und springe wie ein kleines Kind: Ben kann das noch viel besser. Es ist so schön zu sehen wie sehr er es genießt: Nach drei Tagen Autofahren rennt er wie ein Irrer über den Strand, ins Wasser, hin und her, wälzt sich im Sand, bellt vor Freude, springt mich an, will kuscheln. Es ist so wunderbar warm bei noch 22 Grad, also ab ins kühle Nass. Noch lange laufen wir hier entlang, verstecken uns immer wieder vor streunenden Hunden (ich bin mit meiner Rütterschen Wasserflasche hier überall bewaffnet mit Erfolg) und sitzen dann im Sand und schauen der Sonne beim Untergehen zu. Ben ist überglücklich am Playa de la Fontanilla - ganz wie sein FrauchenBen ist überglücklich am Playa de la Fontanilla - ganz wie sein Frauchen

So, das ist dann heute etwas lang geworden, aber dafür musstet ihr ja auch ein paar Tage warten. Ich werde mal gucken ob ich die Galerie hinkriege die Tage. Heute, Samstag, geht es endlich zu meiner Familie Ramirez, nachdem wir heute  morgen schon lange am Playa El Palmar waren. Wenn das mal nix wird mit dem Journalismus, werde ich hier im absoluten Surferparadies eine Bar eröffnen. Soviel steht fest. Aber mehr dazu in den nächsten Tagen...Füße in den warmen Sand und der Sonne beim Untergehen zusehen. Mein Traum...Füße in den warmen Sand und der Sonne beim Untergehen zusehen. Mein Traum...