Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Conil, der Ort für meine Seele

Veröffentlicht am 16.12.2015

Wird es noch so sein wie damals? Werde ich Conil immer noch so toll finden? Nein, es ist nochmal viel viel toller. Es ist das Zuhause für meine Seele.

 Ben schnarcht. Das ist normal. Doch es kommt mir so vor als ob er hier noch mehr schnarcht als sonst. Er erlebt ja auch täglich etwas Neues. Denn seit wir Donnerstag angekommen sind gleicht kein Tag dem anderen. Täglich sind wir auf der Suche nach einem neuen Ort zum Gassi gehen. Wie der aufmerksame Leser weiß macht der Herr nun mal nicht dahin, wo nicht mindestens ein wenig Rasen und Baum ist. Gestaltet sich hier an der Küste etwas schwierig, obwohl wir mitten im Naturschutzgebiet sind.Der Blick Richtung Vejer de la FrontaraDer Blick Richtung Vejer de la Frontara

Aber die Spanier sind komisch. Sie umzäunen alles. Mal eben anhalten und spazieren gehen geht nicht — ständig ist ein Zaun im Weg. Nachdem ich die ersten Tage immer nur Panik vor den streunenden und bewachenden Campo-Hunden hatte, bin ich da nun entspannter geworden. Ab und zu laufen einem eben Kühe, Ziegen oder auch mal ein Esel über den Weg, oftmals auch Hühner und Katzen haben hier ganze Bereiche für sich eingenommen. Die meisten Hunde bellen, aber kommen gar nicht erst näher. Und wenn mir das doch zu nah wird, gibt es ne Portion aus der Wasserflasche. Zum Glück sind wir noch keinem gefährlichen perro begegnet, die gibt es nämlich wohl auch, wie meine Gastschwester berichtete.

Denn da war ich auch endlich, bei meinen Ramirez. Als wenn ich nie weg gewesen wäre stand ich nun Samstagabend endlich in der Calle Cerillo. Alles wie früher. Das Hola war groß, ich bin der Mama um den Hals gefallen und danach Toni und Pepi. Toni hat auch einen Hund, eine perra, Cookie. Die fand Ben jetzt nicht so cool und ist sicherheitshalber nicht mehr rausgekommen aus ihrem Versteck.

Nach all den Jahren, fünfzehn, seitdem Cille und ich zum ersten Mal da waren, gab es natürlich eine ganze Menge zu erzählen. Und zu lachen. Über unsere ersten Tage in Andalusien, als wir noch kein Wort verstanden haben. Als wir abends um 20 Uhr mit knurrendem Magen dachten, wir kriegen nix zu essen und um 23 Uhr, als wir schlafen gingen und uns Pläne machten, wie wir die nächsten Tage an Essen kommen, plötzlich zum Essen gerufen wurden. Wie wir mit Händen und Füßen versucht haben, mit unserer Familie zu kommunizieren, bis unsere Gastmutter nach drei Tagen sagte, sie könne deutsch, weil sie in Kassel gelebt hatten. Als wir morgens von einer Feria kamen und somit mit Toni, Brigitte und Jesus die Nacht durchgemacht hatten und unsere Gastmutter mit dem Besen hinter uns allen herrief und uns Schläge androhte, wenn wir das nochmal machen.

Von den Abenden in den Kneipen und Discos, vor allem in der Levante und der Keops, die es beide nicht mehr gibt und den vielen Chupitos zuviel, die wir dank unserer Gastschwestern hatten. Ach, herrliche Zeiten. Vor allem: Heute würde ich das gar nicht mehr schaffen. Drei Wochen jeden Abend feiern zu gehen bis früh morgens, morgens dann in der Schule zu sitzen bis Nachmittags und dann zum Strand zu gehen, um dort zu schlafen. Ja, war schon ne geile Zeit. Jetzt bin ich alt und schlafe nach einem Glas Wein bereits um 22 Uhr ein.

Conil vom Strand El Palmar aus. Fotos von der Stadt folgen, mit Sicherheit...Conil vom Strand El Palmar aus. Fotos von der Stadt folgen, mit Sicherheit...Wer an dem Abend mehr strahlt, weiß ich nicht: Ich oder meine hermanas locas. Die mir immer wieder sagen, wie toll mein Spanisch noch sei (das sagen mir auch andere. Nicht nur Männer!). Und die auch betonen, dass Cille und ich diejenigen waren, die sich am meisten integriert haben von all den deutschen Gastschülern: Mit den Spaniern und der Familie was gemacht statt mit anderen Schülern der Akademie. Und dass wir die waren, die am meisten mitgefeiert haben. Na, ob das ein Lob ist? Meine Mutter hatte es ja damals schon befürchtet bei ihren Kontrollanrufen Samstagmittags. Als wir quasi noch im Saufkoma lagen und ich versucht habe, völlig locker zu klingen. Auch im zweiten Jahr, als wir eine Wohnung in der Schule hatten, war es nicht viel besser. Als wir um 7 Uhr morgens vom Feiern nach Hause kamen, noch packen mussten, um den Bus um 9 nach Sevilla zu kriegen. Und eingeschlafen sind, bevor wir um 8.28 Uhr wach wurden. Was wir alles vergessen haben, keine Ahnung, aber hätte uns damals ein Mitschüler nicht geholfen, nie hätten wir den Bus nach Sevilla bekommen. Und das war auch ein toller Trip, eine Stadt, die man gesehen haben muss. Und in der Cille fast der Koffer geklaut wurde... :-D

 Es war ein toller Abend, aber vor lauter Gerede habe ich vergessen ein Foto zu machen. Wird nachgeholt, ist nur nicht so einfach, weil alle verstreut sind. Toni arbeitet in Malaga, Pepi nun hier in Conil. Brigitte kommt nächstes Wochenende mit ihrem Sohn Oliver. Zu meiner großen Freunde hab ich auch Papa kurz hola gesagt und auch dem kleinen Juama, Juan Manuel. Der war 10 also wir hier lebten. Nun steht da ein 25-jähriger attraktiver Kerl vor mir. Er arbeitet für eine Heizungsfirma in Hannover. Und ist nicht so wirklich angetan von Deutschland Kann ich verstehen, wenn man in Conil groß geworden ist… Aber wir hatten viel Spaß, er ist unfassbar nett wie alle Spanier. Ich glaube, sie sind einfach noch besser erzogen als wir Deutsche. Das ist mir jetzt schon total oft aufgefallen: Frech ist hier keiner. Alle sagen sich Hola, Sogar die Spinne, die mir gerade auf den Arm krabbelte. Und ich nur ein wenig in Panik verfiel.

In Conil fühle ich mich jetzt schon wieder wie Zuhause, der Mercadona bietet unfassbar tollen Fisch: Zwei Hände voll fangfrischer Langustinos für 4 Euro, riesige Gambas kosten keine 5. Ansonsten die ganzen frischen Früchte und Tomaten, die Oliven, der Knoblauch - hier ist mein Paradies auf Erden. Von meiner Vermieterin bekomme ich Zwiebeln, Knoblauch, Salat, Orangen und Zitronen, alles aus dem Garten.

Ich fahre durch die Straßen von Conil und bin immer noch verblüfft, was hier alles aus dem Boden gesprossen ist. Laden an Laden reiht sich aneinander, nette Tapas-Bars, deutsche Panderias, also Bäckereien, viele Restaurants, in denen es sogar Sushi gibt und etliche Klamottenläden, wie auch Vero Moda und viele viele mehr. Hier zu Bummeln wird nie langweilig. Ich glaube, selbst wenn man jeden Tag eine andere Gasse gehen würde, würde man es in einem Jahr nicht schaffen, überall reinzugehen. Die neuen Hotels und Bungalows sind schon toll.

Ein wenig Weihnachtsdeko ist auch hier in Conil zu finden. Ab und zu mal ein künstlicher Tannenbaum, hier und da bunte Feliz Navidad-Beleuchtungen, aber bei weitem nicht zu vergleichen mit der deutschen Weihnachtshysterie. Kommt mir sehr entgegen, diese kitschige Auffassung. Nach Vejer verschlägt es mich noch nicht so oft. Ist eine wunderschöne Stadt, aber es ist wie mit Velbert und Heiligenhaus (nur in schön): Man tendiert halt zu einer. Und ich liebe Conil einfach über alles.